Kapitel 3-Ankunft in Spanien
Es war früh am Morgen, als wir an unserem Ziel ankamen. Es war ein kleines Hotel am Meer. Es dauerte, bis alle aufgewacht waren und ihre Sachen auf ihre Zimmer geschafft hatten. Ayumi teilte sich ein Zimmer mit einem rumänischen Mädchen namens Kamilla. Sie verstanden sich wirklich gut, ,ja, man konnte sie sogar als Freundinnen bezeichnen. Nach einer Weile gingen alle hinunter in den Speisesaal, wo sie ihr Frühstück einnahmen. Und wer wollte, konnte danach hinunter zum Strand gehen. Ayumi und Kamilla bevorzugten jedoch lieber den Pool, der direkt beim Hotel war. Sie machten es sich auf den Liegen bequem und sonnten sich. Ich ging zusammen mit Frau Meisner hinunter an den Strand. Auf dem Weg dahin fragte sie mich, ob ich noch gut mit Ayumi auskommen würde. Natürlich kam ich noch gut mit ihr aus. Manchmal dachte ich sogar daran, sie zu adoptieren, aber ich war mir nicht sicher ob dies eine gute Idee war. Sie einfach so aus ihrem neuen Freundeskreis herausreißen? Nein! ... Nach einer Weile kamen wir am Strand an. Frau Meisner setzte sich sofort in einen der Strandkörbe, denn es waren nicht mehr viele frei. Ich setzte mich lieber hinunter ans Ufer und sah den Kindern zu, wie sie badeten und Spaß hatten. Und wie ich da so saß, schossen mir tausende Fragen durch den Kopf. Ständig sagte mir jemand, das ich mir viel zu viele Sorgen mache. Ich dachte immer daran, was mit den Kindern und Jugendlichen geschieht, wenn sie volljährig werden und dann nicht mehr in unserem Heim wohnen wollen. Aber es kam auch schon oft vor, das wir Kinder aufgenommen haben, die so gut wie noch nie in der Schule waren, da es sich ihre Eltern entweder nicht leisten konnten oder sie geschwänzt hatten. Was sollte aus ihnen später einmal werden? Während ich noch so in Gedanken schwebte, fasste mir eine Hand auf die Schulter. Erschrocken blickte ich mich um. Es war Ayumi! "Es war kaum noch jemand oben am Pool, also bin ich auch hergekommen," sagte sie uns setzte sich neben mich. "Es ist so schön hier! Meine Mutter ist nie mit mir in den Urlaub gefahren. Wir hatten ja auch gar kein Geld dazu," sagte sie mit kühler leiser Stimme. Ich überlegte schon die ganze Zeit, ob ich Ayumi eine ganz bestimmte Frage stellen sollte. Schließlich tat ich es dann doch. "Ayumi, sagmal, wie war das damals, bist dann eigentlch noch zur Schule gegangen?" Sie überlegte noch ein wenig, doch dann antwortete sie:"Nein, vorerst nicht. Ich habe mich dann auf den schnellsten Weg zu Liang Chou gemacht. Ich wollte sie unbedingt sehen. Aber es war nicht leicht, sie zu finden. Schließlich wohnte sie am anderen Ende der Stadt, und ich hatte weder Geld noch etwas zu Essen. Und es war eisig kalt draußen. Ich lief jeden Tag ein Stückchen, doch irgendwann war ich zu erschöpft." Ich unterbrach sie:"Aber wo hast du denn geschlafen?" Sie antwortete mit trauriger Stimme:" In der Gosse! Ich musste das tun, was ich nie in meinem Leben tun wollte. Betteln. Ich hatte schon immer wahnsinniges Mitleid mit Obdachlosen, doch nun war ich selbst einer. Von dem Geld das ich mir jeden Tag erbettelte kaufte ich mir Essen und neue Kleidung. Doch eines Tages passierte etwas Schreckliches. Ich sprach eine Frau an und fragte sie nach etwas Kleingeld. Sie drehte sich um und als ich in ihr Gesicht sah, wär ich am liebsten vor Scham im Erdboden versunken. Es war meine damalige Lehrerin, Frau Hahn! Sie sah mich mit einem abwertenden Blick an, doch dann erkannte sie mich. Sie zerrte mich am Arm, wollte mich zur Polizei bringen, doch ich wehrte mich. Irgendwann konnte ich mich von ihrem Griff befreien und rannte weg. Ich rannte einfach, wie als ob es um mein Leben ging. Die Bettelei, die Hungersnot hätte mit einem Mal vorbei sein können. Sie hätte mich zur Polizei gebracht und die hätten mir ein schönes neues Zuhause besorgt. Doch ich wollte nicht zu irgendwelchen fremden Menschen, ich wollte ... zu meiner Mutter. Ich stellte mich einfach auf die Straße und schrie. Ich rief sie, obwohl ich genau wusste, dass sie nicht antworten würde. Die nächsten Tage waren grauenvoll. Ich bekam immer weniger Geld von den Leuten, hatte Hunger, wurde krank. Aber ich hatte es geschafft, ich war bei Liang Chous Wohnblock angekommen. Ich wollte bei ihr klingeln, doch mir wurde plötzlich schwindelig und ich wurde ohnmächtig. Nach einer Weile wachte ich in einer kleinen Gosse wieder auf. Ich blickte mich um. Und alles was ich sah, war eine kleine "Hütte", mühevoll aus Pappe und Decken zusammmengebaut. Und um mich herum standen ein paar Kinder. Sie waren dünn, krank und sahen mich mit großen traurigen Augen an. Bis auf ein Mädchen, sie sah gesund und gepflegt aus. Das Mädchen und ein Junge knieten zu mir nieder und fragten wie es mir geht. Das Mädchen half mir auf. Sie war eine Chinesin, und ähnelte Liang Chou sehr. War sie es wirklich? Ich wollte gerade fragen, doch dann nannte sie meinen Namen und es war alles klar für mich. Es war Liang Chou. Sie weinte vor Freude, und die anderen Kinder freuten sich mit ihr und sprangen in die Luft." ..... Plötzlich rief Frau Meisner irgendwas. Ayumi sah auf. Über dem Horizont hingen große, schwarze Regenwolken. Ich stand auf, packte meine Sachen und rief die anderen zu mir. Ich zählte alle noch einmal durch und als wir vollständig waren, machten wir uns auf den Weg ins Hotel. Wir hofften das wir es noch rechtzeitig schafften, doch der Regen machte uns einen Strich durch die Rechnung. Wir kamen allesamt pitschnass im Hotel an. Jeder ging erstmal auf sein Zimmer um sich trockene Sachen anzuziehen. Der Rest des Nachmittags verlief ruhig. Die meisten saßen in ihren Zimmern und erzählten oder spielten etwas. Erst zum Abendbrot versammelten sich alle wieder im Speiseraum. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen. Frau Meisner hatte beschlossen, nach dem Abendbrot ein kleines Lagerfeuer in einem Waldstück in der Nähe des Hotels zu machen. Nach dem Abendbrot versammelten sich alle an der Feuerstelle im Wald. Frau Meisner wollte, dass jeder eine Geschichte aus seiner Kindheit erzählt. Entweder von einem Ereigniss mit den Eltern oder von einem Urlaub. Sofort meldeten sich einige um ihre Geschichten zu erzählen. Und dann, nach einer Weile, war Ayumi dran. ......